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Peter Hollo: ...und weg bist Du!

Das jahrelange Geschacher um Real hat sein Ende gefunden. Für 300 Millionen Euro hat Metro nun seine Real-Sparte an den russischen Investor SCP Group verkauft. Wie einige meinen nicht nur weit unter dem Immobilienwert des Unternehmens, sondern auch um etwa 200 Millionen Euro weniger, als man vor einigen Monaten noch dafür erwartet hatte. Für einen externen Beobachter wie mich sieht das nach einem Ende mit Schrecken, statt einem Schrecken ohne Ende aus. Nicht nach einem geordneten Rückzug. So manchem Metro-Manager und so mancher Managerin ist da wohl die nackte Panik im Gesicht gestanden.

 

Mit diesem Deal übernimmt SCP 276 Real-Standorte, das Digitalgeschäft mit dem Online-Marktplatz real.de (welcher nach neuesten Meldungen schnellstmöglich eingestellt werden soll) sowie 80 Immobilien und alle zu Real gehörenden Gesellschaften. Nach der Übernahme soll der Löwenanteil der Filialen an Rewe, Edeka oder Kaufland gehen. SCP möchte etwa 50 Filialen für die nächsten 2 Jahre erhalten. Etwa 30 Filialen stehen vor dem Aus. Betroffen davon rund 34.000 Mitarbeitende. Man kann davon ausgehen, etwa 10 bis 15.000 Mitarbeitenden wird das den Arbeitsplatz kosten.

 

Und wieder einmal nehemen wir fast gelassen monströse Zahlen zur Kenntnis. So sehr haben wir uns nach den großen "Handelspleiten" an solche Nachrichten gewöhnt. 34.000 Menschen werden das etwas anders sehen. Und auch wir sollten das etwas anders sehen, auch wenn wir keinen dieser Menschen kennen. Der Grund dafür liegt in der einzigartigen Sortimentsstruktur von Real.

 

Real war und ist ein einzigartiger Gemischtwarenladen auf der grünen Wiese nach Walmart Vorbild. Ob bewusst oder nicht bewusst, das steht jetzt nicht zur Debatte. Neben Food hatte Real immer einen hohen Anteil an Nonfood-Artikeln. Haushalt, Bekleidung, Unterhaltungselektronik oder auch Spielwaren. Allesamt Produktgruppen, die durch das Online-Geschäft massiv unter Druck stehen. Und Produktgruppen, die keiner der genannten Rewe, Kaufland oder Edeka in dieser Größenordnung jemals geführt haben. Ergo, all das wird zukünftig wegfallen. Selbst dann wenn es gelingt die Standorte unter anderer Flagge zu erhalten.

 

Wieder einmal wird die Spielwarenbranche der Verlierer sein, weil all die Real Outlets zukünftig nicht mehr existieren werden. Und geben wir uns mal nicht der Hoffnung hin, dass andere Kanäle das auffangen werden. Alle Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass das so eben nicht kommt. Umsätze versickern, verschwinden einfach von einem Tag auf den anderen im Nirvana.

 

Das kann und wird einigen angezählten Akteuren in unserer Branche nicht gefallen. Bei einigen wird jetzt demnächst der Tipping-Point erreicht sein, wo es kein zurück mehr gibt. Hoffen wir mal, dass es möglichst vielen gelingt dem Strudel von Real zu entkommen und sich in Sicherheit zu bringen. Und wie in jedem Ende auch ein Anfang liegt, hoffen wir mal, dass zumindest die bewegungsfähigen Teile der Industrie bald intensiv darüber nachdenken, was es in Zeiten sterbenden Handels noch für spannende Konzepte gibt Produkte an den Endkonsumenten zu bringen. ...aber das ist heute nicht unser Thema.

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