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Peter Hollo: Da rollt etwas auf uns zu ...oder besser gesagt, nicht

Den Writers Strike in Hollywood und den Actors Strike in Hollywood dürften die meisten von uns zumindest aus dem Augenwinkel wahrnehmen. Unter seltsamer medialer Zurückhaltung, zumindest hier in Europa, baut sich in den USA gerade etwas auf, was die Grundfesten unseres Geschäfts für Jahre erschüttern und unser gesamtes Geschäftsmodell in der Spielware nachhaltig verändern könnte.

 

Auch wenn wir es noch nicht spüren, es ist da. Wir sind daran gewöhnt, dass uns Hollywood regelmäßig mit neuen Themen und Blockbustern versorgt, die wir dann zusammen mit der Lizenzindustrie in sehr erfolgreiche Produkte umsetzen. Dabei hat sich das Verhalten der Konsumentinnen und Konsumenten derart verändert, dass die Spielware ohne diese Produkte nicht mehr denkbar ist. Die gute alte Zeit, in der ein Kreisel und ein Holzreif genügten um Kinderaugen zum strahlen und Kassen zum klingeln zu bringen, die sind unwiederbringlich vorbei. Und selbst Nischenanbieter aus dieser Ecke könnten sich ohne den Support aus diesem Bereich wohl schwerlich langfristig halten, denn auch sie benötigen ihre "bösen" nicht-pädagogischen Schwestern und Brüder um im Handel die Umsätze zu stützen, vielleicht um Handel überhaupt erst langfristig möglich zu machen. Von den "Holzwürmern" alleine wird die Branche nicht leben können.

 

Der Streik der Autorinnen und Autoren, und der Streik der Schauspieler*innen, legt eine Prozess- und eine Wertschöpfungskette, die Jahre Vorlauf hat und irgendwann in einem Kinderzimmer in Deutschland endet, schon in ihrer Entstehung lahm. Es ist inzwischen kein Geheimnis, dass die großen Filmstudios derzeit Filme und Serien um Jahre verschieben oder sogar vollkommen canceln. Disney zum Beispiel krempelte bereits seinen Release-Kalender für die kommenden Jahre komplett um. Das dürfte dem Konzern nach Flops wie Arielle und Indiana Jones und das Rad des Schicksals und lahmendem Streaming nicht gerade zu pass kommen. Das bedeutet sicherlich nicht das Ende des Konzerns, befeuert aber erneut die Gerüchteküche um einen Verkauf an Apple. Wie Bloomberg berichtet, bietet CEO Bob Iger etwa ein Drittel des Unternehmens derzeit zum Verkauf an.

 

Weniger Content aus Hollywood = weniger Lizenzthemen = weniger Verkaufsanstöße = weniger Umsätze. Vielleicht sogar drastisch weniger Umsätze in der Spielware. Und all das in einer Situation, die derzeit nicht gerade rosig aussieht. Die alte Weisheit "der Spielware geht es immer (gleich) gut, egal wie die wirtschaftliche Lage ist", die dürfte spätestens seit 2023 nicht mehr gelten. Der Gesamtmarkt weist derzeit ein Minus von -5% aus und unter den Top-Ten befinden sich Unternehmen mit zweistelligen Umsatzverlusten. Ja selbst der Branchen-Primus kommt nur auf magere -3%. All das könnte sich aufgrund der Vorgänge in Hollywood noch massiv verschärfen. Nicht heute, vielleicht nicht morgen, aber ganz bestimmt übermorgen.

 

Da rollt etwas auf uns zu ...nicht!

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Kommentare: 1
  • #1

    Peter Jaensch (Dienstag, 15 August 2023 10:06)

    Faszinierende Gedanken! Insbesondere im Hinblick auf den Massenmarkt scheint die Abhängigkeit der Spielwarenindustrie von Lizenzen unbestreitbar zu sein. Jedoch wissen wir inzwischen auch, dass vorgefertigte Geschichten und festgelegte Charaktere aus Hollywood die natürliche Kreativität und Fantasie unserer Kleinen einschränken können – eine Erkenntnis, die vor allem von Eltern mit Bildungshintergrund geteilt wird.

    Die Aussicht auf eine Zukunft mit kindgerechterem Spielzeug scheint dann greifbar, wenn wir uns von dieser Lizenzabhängigkeit lösen. Was am besten für unsere Kinder ist, geht sicherlich über reine Verkaufszahlen hinaus. Hier sehe ich eine wertvolle Gelegenheit für eine Neuausrichtung in der Spielwarenbranche, die ihre Produkte stärker darauf ausrichtet, die Vorstellungskraft und Kreativität der jungen Generation zu fördern.