"130 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe", das ist einer der ältesten Running Gags unserer Branche. Resultierend aus der Erfahrung, dass es einzelne Protagonisten immer wieder schaffen selbst Mikro-Ergebnisse als epische Erfolge (in ihrer Zielgruppe) darzustellen und wenn es sein muss auch ganz dreist zu verkaufen.
Auch wenn nicht jede*r die Chuzpe hat das zu tun, so kann man ziemlich gesichert sagen, dass wohl kaum jemand sein Licht jemals unter den Scheffel gestellt hat, außer vielleicht um damit geschickt zu kokettieren.
Was allerdings die Marktdaten 2023 angeht, so scheint es mir, stellt sich der Markt und eine Vielzahl von Beteiligten deutlich schlechter dar, als das nötig wäre. Und warum? Weil alle nur, wie das Kaninchen vor der Schlange, auf die Zahlen aus dem Vorjahr starren. -5% zum Vorjahr für die gesamte Spielwarenbranche und einzelne bedeutende Player mit Ergebnissen von -12, -18 oder gar -25%, zugegeben, das ist nicht üppig.
Aber... der Vergleich von 2023 zu 2022 ist ohne Einordnung einfach nicht zulässig und gibt ein ziemlich verzerrtes Bild der Wirklichkeit wieder. Denn die Corona-Sondereffekte in 2020, 2021 und 2022 haben dazu geführt, dass sich einzelne Unternehmen wahrlich eine goldene Nase verdient haben. Und vieles, was wir in 2023 sehen ist keine Katastrophe, sondern nicht viel mehr als ein sehr unangenehmer, aber handlebarer, statistischer Sondereffekt. Vergleichen wir 2019 als Vor-Corona-Jahr mit 2023 als erstem Nach-Corona-Jahr, dann ist der Gesamtmarkt 2023 doch ganz erheblich gewachsen. Zahlenakrobatik? Ja und nein. Denn beide Betrachtungsweisen haben ihre Berechtigung. Wir sollten uns nur davor hüten Statistiken, so professionell und gutwillig sie auch gemacht sind, vollkommen unkritisch zu übernehmen.
Gehen wir in der 2019-2023-Betrachtung dann noch davon aus, dass wir das Ergebnis 2023 an deutlich weniger Türen bewerkstelligt haben. Wir alle wissen, wen wir in den letzten Jahren im Handel verloren haben, das war massiv, dann sind wir wieder von den 130% in der Zielgruppe (Achtung Augenzwinkern) gar nicht so weit entfernt.
Allerdings gehört zur Wahrheit auch, und sollte jetzt ganz ohne Augenzwinkern gesagt werden, in so manchem Unternehmen haben die Zahlen der Jahre 2020 bis 2022 komplett überdeckt, wo erheblicher Handlungsbedarf war und immer noch ist. Der ein oder andere Dead Man Walking wähnte sich gar in der richtigen Spur, wo schon lange ein Umsteuern nötig gewesen wäre. Und 2023 bringt das nun sehr schmerzhaft und teils schockierend ans Licht.
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